Mengenangaben im Rezept sind nur ein Richtwert
Um Captain Barbossa aus Fluch der Karibik in abgewandelter Form zu zitieren: „Bei Rezepten handelt es sich eher um Richtlinien als um starre Regeln.“ Die Mengenangaben sollen dazu dienen, eine gewisse Konsistenz von Cocktail zu Cocktail sicherzustellen. Es gibt aber ganz unterschiedliche (gute) Gründe, davon abzuweichen.
Frische und natürliche Zutaten
Gerade wenn du frische und natürliche Zutaten verwendest, wirst du feststellen, dass der Geschmack von Mal zu Mal variiert: Die Zitronen kommen dir heute besonders sauer vor, die frische Minze etwas bitterer als sonst? Das kann sowohl an den Zutaten als auch an deinem heutigen Geschmacksempfinden liegen! Das Rezept verlangt nach „frisch gepresstem Orangensaft“ – aber von welcher Orange? Der Saft einer Moro (Blutorange) schmeckt anders als der einer Navelina. Achso, und dein Zuckersirup ist auch gerade alle… ersatzweise verwendest du dann einen (zwei? drei?) zerstoßene(n) Zuckerwürfel (braun? weiß?), oder vielleicht sogar Puderzucker? Auch dann wirst du vielleicht einen leichten Unterschied in Geschmack und Textur bemerken.
Hersteller, Marken und Produkte
Die Hersteller haben es ganz gut drauf, das gleiche Produkt auch immer gleich aussehen und schmecken zu lassen. In der Regel will das der Konsument (also du) ja auch so. Deshalb wird gefärbt, gezuckert, aufgesprittet und verdünnt. Die Produkte unterschiedlicher Hersteller oder Marken können (und sollen!) dagegen etwas unterschiedlich schmecken. Dein Likör ist nicht ganz so süß? Dann nimm ruhig einen Schuss mehr, um die Säure im Drink auszubalancieren.
Geschmäcker sind verschieden
„Eigentlich“ liebst du Negronis, aber das klassische Mischungsverhältnis von 1:1:1 ist dir zu bitter? Tja, Pech gehabt. Keine Negronis mehr für dich, bis ans Ende deiner Tage.
Merkste selbst, dass das Quatsch ist, ne?
Natürlich kann man sich die Frage stellen, wie viel man von einem Rezept verändern darf, bevor etwas gänzlich anderes dabei herauskommt. Mischst du deinen Negroni aber nicht 1:1:1, sondern 2:1,5:1, dann ist es immer noch ein Negroni. Die Übergänge sind fließend: Ein Garibaldi und Campari Orange bestehen grundsätzlich aus den gleichen Zutaten, nämlich Orangensaft und Campari, nur eben zu unterschiedlichen Mengen (sowohl absolut als auch verhältnismäßig).
Jigger
Die meisten Jigger besitzen nur eine sehr grobe Skala, z. B. 15, 30, 45 und 60 ml. Viel Spaß beim Abmessen von 22,5 ml (~3/4 oz).
Umrechnungsdifferenzen
In Cocktailrezepten können Mengenangaben auf zwei Arten erfolgen: Entweder in Flüssigunzen (oz) oder in Milliliter (ml). Kleinste Abweichungen kommen alleine schon durch den krummen Umrechnungsfaktor zustande: 1 oz entspricht eben nicht genau 30 ml, sondern ist tatsächlich etwas weniger. In der Praxis werden diese Werte natürlich gerundet, siehe erste und dritte Spalte der Tabelle. Am unverbindlichsten ist die Umrechnung von 3/4 oz: Manche runden auf 20 ml ab, manche auf 25 ml auf und wieder andere rechnen mit 22,5 ml recht genau. Hand auf’s Herz: Würdest du einen Unterschied schmecken?
„glattes“ Barmaß in Flüssigunzen [oz] |
Umrechnung in Milliliter [ml] |
„glattes“ Barmaß in Milliliter [ml] |
Umrechnung in Flüssigunzen [oz] |
1/4 |
7,393375 |
7,5 |
0,253605 |
1/2 |
14,78675 |
15 |
0,50721 |
3/4 |
22,180125 |
22,5 |
0,760815 |
1 |
29,5735 |
30 |
1,01442 |
1 1/4 |
36,966875 |
37,5 |
1,268025 |
1 1/2 |
44,36025 |
45 |
1,52163 |
1 3/4 |
51,753625 |
52,5 |
1,775235 |
2 |
59,147 |
60 |
2,02884 |
Fazit
Beim Mixen lieber einmal zwischendurch probieren (z. B. mit einem Strohhalm oder Barlöffel) und nachjustieren, als sich stoisch ans Rezept zu halten und vom Ergebnis enttäuscht zu sein.